Besetzung Osthang
In den frühen Morgenstunden rollen LKW mit Containern, einer Häckselmaschine und weiterem Gerät am Osthang an. Es ist offensichtlich, dass hier mehr passieren soll, als ein gewöhnlicher Heckenschnitt. Doch etwas ist anders an diesem morgen: Die Zugänge zum Gelände sind verbarrikardiert, in den Bäumen auf 3 bis 4 Metern Höhe sind Banner und Hängematten aufgespannt, Aktivisten halten diese besetzt und am Boden stehen weitere Unterstützerinnen sowie Helfer bereit.
Die Arbeiter der Garten- und Landschaftsbaufirma betrachten das Gelände. Sie diskutieren. Verwaltungsbeamte werden hinzugezogen. Schließlich ziehen sie mit allen Geräten wieder ab, die Bäume am Osthang stehen noch.
Die plötzliche Nachricht, dass die Rodung noch vor Weihnachten stattfinden solle, kam kaum überraschend für die Menschen, die sich für den Erhalt des Osthangs engagieren. Ein Spatenstich in diesem Jahr wäre wohl essentiell für die Stadt gewesen, um mögliche Fördermittel einzustreichen.
Doch an diesem Morgen treffen die Pläne der etablierten Darmstädter Politik auf den entschlossenen Widerstand der Bevölkerung und einiger Oppositionsparteien. Noch in der Nacht wurden Material und Hilfe organisiert. Schlaf wurde hinten angestellt und mit Teamwork wurden Barrikaden errichtet. Am nächsten Morgen ist der Ort fast nicht wieder zuerkennen. Die Bäume sind gerettet! Zumindest für diesen Tag.
In der angemeldeten Versammlung spricht ein Vertreter der Initiative "Osthang bleibt" darüber, wie sinnlos ein Neubau an diesem Ort sei, wenn doch nebenan eine der Villen leer stünde. Eine eher ungewöhnliche Rede hält einer der Aktivisten, der dort die Nacht verbracht hatte, aus seiner Hängematte heraus: Mitja Stachowiak, Spitzenkandidat der Tierschutzpartei im Landkreis und Mitgründer der Klimaliste, betont die Verantwortung der Politik, mit Steuergeldern vernünftig umzugehen - und sie nicht für Prestigeprojekte zu verschleudern.
Wir haben mit der kommenden Kommunalwahl die Möglichkeit, Mehrheitsverhältnisse zu ändern! Das nehmen wir mit unseren gemeinsamen Listen mit Tierschutzpartei, Klimaliste, PdH und Piraten in Stadt und Landkreis in Angriff.so Stachowiak.
Wie wichtig Orte wie der Osthang sind, wird auch in den folgenden Reden klar.
Der Osthang ist ein Ort der Begegnung, Orte wie diese verbinden und führen die unterschiedlichsten Menschen zusammen, Orte wie diese sind Orte gegen Rechtextremismus und Fremdenhasssagt Ayla Linda Kara, Spitzenkandidatin der Tierschutzpartei in Darmstadt.
Selbstverwaltung und Eigeninitiative sind eine Bereicherung des gesellschaftlichen und kulturellen Stadtbilds und sollten begrüßt und unterstützt werden.
Ein junger Mann betont die Wichtigkeit solcher Orte besonders für junge Leute. Er selbst wäre früher immer zu dem Skatepark an der Stadtmauer gegangen. Es hatte sich eine feste Gemeinschaft um diesen Ort gegründet, doch mit der Umsiedlung des Skateparks, um dort eine Schule zu errichten, ist die Kultur des Ortes verloren gegangen. Die coole Halfpipe, die die Stadt errichtet hatte, sei nicht mehr das selbe wie die in Eigeninitiative gezimmerten Hindernisse, die den Ort vorher so lebendig gemacht hatten. Sein Wunsch war, wenigstens den Osthang erhalten zu können. Für die Aktivistinnen und Aktivisten steht fest: so leicht werden sie es der Regierung nicht machen, die gesunden Bäume zu fällen.
Die 21 Millionen Euro für den Neubau eines Infozentrums am Osthang werden für wichtigere Projekte - etwa eine Regiotram, Obdachlosenunterkünfte, barrierefreie Ausbauten, etc. - dringend gebraucht, so die Tierschutzpartei.