Die Klimaliste Darmstadt-Dieburg hat am 4. Juni Mitja Stachowiak als Direktkandidaten für die Bundestagswahl im Wahlkreis 186 aufgestellt. Die Aufstellung erfolgte nicht durch die kürzlich gegründete Partei, sondern Mitja Stachowiak tritt formal als Einzelbewerber an und wird bei der Erststimme wählbar sein.
Es wird keine Landesliste einer Klimaliste für die Zweitstimme geben. Um in den Bundestag zu kommen, muss Mitja Stachowiak die relative Mehrheit der (Erst)stimmen im Wahlkreis Darmstadt erlangen. Das Sitzeverhältnis der Parteien bleibt davon unberührt sondern hängt ausschließlich von der Zweitstimme ab. Gewählte Direktkandidat*innen von Parteien verdrängen ausschließlich Mitglieder von der Landesliste ihrer eigenen Partei. Daher bitten wir um Ihre Erststimme für Mitja Stachowiak, egal, welche Partei Sie für Ihre Zweitstimme präferieren.
Ich bin Elektroingenieur, 28 Jahre und davon seit über 2 Jahren vornehmlich aktiv in der Klimabewegung. Ich habe die Klimaliste Darmstadt-Dieburg mit begründet, stand im März jedoch nicht auf der Kreistagsliste, da ich schon für die UWG zugesagt hatte. Nun stelle ich mich zur Wahl für den 20. deutschen Bundestag, da es mit einer Fortsetzung der derzeitigen Politik zum 21. Bundestag sehr wahrscheinlich zu spät sein wird, um das Pariser abkommen einhalten zu können.
Ich hatte ursprünglich Datentechnik vertieft, aber schon gegen Ende des Bachelors 2016 verstärkt auch Leistungselektronikvorlesungen besucht um mein Arbeitsfeld besser an die Herausforderungen der Energiewende anzupassen. Im Moment stehe ich kurz vor der Masterarbeit, die ich zu Gunsten der Klimabewegung seit einiger Zeit aufschiebe. Wenn ich gewählt werde, werde ich meiner Pflicht nachkommen, die kommenden Jahre auf politischer Seite für Klimaschutz zu kämpfen.
Ich bin bei verschiedenen Vergleichsseiten zur Wahl gelistet. Hier eine Auswahl:
Zuerst ein paar Worte zum Thema Demokratie: In einer immer komplexeren Welt ist es immer schwieriger, dass eine Partei auf alle Themen eine Antwort hat, mit der die Wähler*innen zufrieden sind. Nehmen wir vereinfacht an, es gäbe nur 5 aktuell wichtige Themen und für jedes Thema nur zwei Handlungsmöglichkeiten, dann bräuchten wir schon 25 = 32 verschiedene Parteien, damit alle Wähler*innen wirklich zufrieden sein können. Wegen der 5%-Hürde können aber höchstens 20 Parteien im Bundestag vertreten sein.
Es ist also unvermeidbar, dass man mit aktuellem Wahlsystem immer auch Meinungen mit wählen muss, die man eigentlich nicht möchte. Durch den Konkurrenzkampf und die Medien werden außerdem Negativdarstellungen potenziert. Das heißt, dass ein Thema, bei dem man nicht mit einer Partei einer Meinung ist, schwerer wiegt, als vier Themen, bei denen die Partei die eigene Meinung vertritt. Das ist mit ein Grund, warum Parteiprogramme immer schwächer werden. Man verliert Wähler*innen mit jedem Thema, bei dem eine Partei eine klare und starke Haltung vertritt. Als Folge werden Wahlprogramme immer unwichtiger und was am Ende in einem Koalitionsvertrag steht, hat mit dem, wofür die Parteien gewählt wurden, nicht viel zu tun.
Es besteht die Gefahr, dass unsere Demokratie in unserer immer komplexeren Welt zerrieben wird und die Menschen das Interesse daran verlieren, weil Parteien und Medien sich nur noch um menschliche Patzer der Spitzenkandidierenden drehen statt die gesellschaftliche Debatte um erforderliche Veränderungen zu führen. Ohne Debatte um Veränderung setzen sich, wie wie in den letzten Jahren bereits passiert, radikal reaktionäre Parteien durch. Unsere Politik wird zu einem lebenden Fossil, dass nur solange weiter besteht, solange sich die äußeren Rahmenbedingungen nicht verändern. Durch den Klimawandel werden sie das aber tun und das mit nie dagewesener Geschwindigkeit.
Was wir brauchen, um unsere Demokratie aus dieser Starre zu befreien ist eine Reform des Wahlsystems, die es erlaubt, für verschiedene Themen unterschiedliche Parteien wählen zu können. Die Politiker*innen werden dann auch an die Bereiche und Ministerien gebunden, für die sie auch gewählt wurden, statt je nach Parteien-Machtgefüge beliebig für Posten eingesetzt zu werden, für die sie gar nicht qualifiziert sind.
Mit meiner Direktkandidatur gehe ich einen ersten Schritt, mit unserem derzeitigen Wahlsystem so gut es geht einen neuen Weg zu gehen: Mit mir können Sie speziell für das Thema Klimaschutz ein Programm wählen, das eine bestimmte, wissenschaftliche Herangehensweise einsetzt, um vor allem die Energiewende voranzubringen. Als Elektroingenieur ist das meine Kernkompetenz. Ich werde auch zu anderen Themen etwas schreiben, aber diese Programmpunkte sind nicht prioritär. Mein Programm zur Energiewende ist so ausgelegt, dass es je nach Konstellation der restlichen Parteien möglichst kompatibel bleibt mit verschiedenen politischen Grundsätzen.
Zuerst möchte ich Ihnen eine grobe Simulation der Energiewende im Stromnetz präsentieren. Um daraus genaue Werte abzulesen, ist mein Modell zu ungenau, aber ich möchte aufzeigen, worin die Herausforderungen einer erneuerbaren Energieversorgung bestehen.
Wesentlicher Grundsatz ist, die Projekte, die mit wenig Arbeitseinsatz eine große Reduktion an CO2-Ausstoß bringen, zuerst umzusetzen. Um schnell, erst mal mit den derzeit verfügbaren Arbeitskräften, die erforderlichen Zubauraten für PV-Energie zu schaffen, sollten in den nächsten Jahren vor allem Freiflächenanlagen errichtet werden. Da 100% der Dachfläche sowieso nicht ausreichenTU München: Abschätzung des Photovoltaik-Potentials auf Dachflächen in Deutschland - hier werden 161 GWp als Potential angenomen, was grob gerechnet einem Ertrag von 161 TWh/Jahr entspricht., werden solche Freiflächenanlagen oder alternativ Agri-PV in gewisser Menge benötigt. Die Biodiversität um solche Anlagen ist immerhin größer, als bei Monokulturen.
Mehr PVUm die Energiewende hinreichend schnell zu schaffen, muss der Zubau von Windenergie und PV gegenüber dem Mittel der letzten 10 Jahre etwa um Faktor 5 bis 7 gesteigert werden. Dies ist im obigen Diagramm zu sehen. Fossile Energieträger werden aus dem Netz gedrängt, Erdgas dient als Übergangslösung für Regelleistung und wird dann, sobald die Erneuerbaren hinreichende Überschüsse einbringen, durch daraus gewonnenem, synthetischem Gas ersetzt.
Das Modell dient zur Veranschaulichung des Problems Energiewende. Die meisten Einflussgrößen sind nur grob modelliert oder fehlen. Im Wesentlichen wurden 15-minuten-Werte der Energieerzeugung der letzten 6 Jahre analysiert und durch pseudozufällige Signale ersetzt, welche ohne Download großer Datenmengen für beliebige Zeitpunkte unabhängig berechnet werden können. Folgendes ist anzumerken:
Es ist ersichtlich, dass ein Verhältnis von 2/3 Windenergie zu 1/3 PV in Summe zu einer jährlich relativ ausgewogenen Energieversorgung führt. Ein Abweichen von diesem Verhältnis bedeutet, dass im Sommer mehr PV-Strom verfügbar ist und im Winter Energie fehlt. Der einzige Speicher, der groß genug ist, um die Energiemengen über ein halbes Jahr hinweg zu puffern, ist die Power-to-Gas-Lösung. Methan als synthetischer Träger braucht aber in der Erzeugung etwa um die Hälfte mehr elektrische Energie, als später im Gas gespeichert ist. Bei der Rückgewinnung von Gas in elektrische Energie liegen Wirkungsgrade gängiger Kraftwerkstypen zwischen 30 und 60 %. Das ist der Grund, warum bei einem Abweichen vom optimalen Verhältnis relativ schnell hohe Mehrkosten entstehen.
Wir möchten einen demokratischen Entscheidungsspielraum schaffen in der Frage, wie die Energiewende gestaltet werden soll und in welchem Verhältnis Wind und PV eingesetzt werden sollen. Das Problem ist dabei regionalisierbar. Es existieren genaue Potentialkarten für Windenergie und PV. Daraus lassen sich Verteilschlüssel für diese Energieformen ermitteln. Wenn eine Stadt oder ein Landkreis dann vom Plan abweichen möchte muss über eine Umlage auch von dort ein Teil der Mehrkosten gedeckt werden.
Dabei spielen auch philosophische Prinzipien eine Rolle: Ist es gerecht, dass Menschen auf dem Land eine Windenergieanlage in Sichtweite akzeptieren müssen, damit Menschen in der Stadt günstigen Strom haben? Ist es gerecht, wenn Menschen in der Stadt umgekehrt mehr für den Strom zahlen, um die Windkraftanlage durch PV zu ersetzen? Ab einer gewissen Menge Freiflächen-PV-Anlagen wird sich auch die fehlende Ackerfläche durch eine - in diesem Fall dann erzwungene - Ernährungsumstellung zu weniger tierischen Erzeugnissen und mehr veganen Lebensmitteln bemerkbar machen.
Bevor etwa die Parametrisierung einer solchen Umlage politisch diskutiert oder gar per Volksentscheid ermittelt werden kann, müssen die Modelle für diese Fragestellung verfeinert und wissenschaftlich bewertet werden. Dies wird eine meiner Hauptaufgaben innerhalb der Klimaliste sein. Wir reden hier aber von einem Arbeitsaufwand, der über das, was ich und andere Freiwillige ehrenamtlich in ihrer Freizeit leisten können, weit hinaus geht. Auch unsere finanzielle Möglichkeiten korrelieren perspektivisch mit dem Wahlergebnis und wir brauchen wenigstens ein paar Sitze im Bundestag um diese Aufgabe angehen zu können.
Derzeit gibt es prinzipiell ein hohes Potential an Investor*innen, aber es mangelt an Flächen für umsetzbare Projekte. Politisch möglich ist es derzeit, eine Solarpflicht in Neubaugebieten anzuordnen, aber selbst diese wird bei weitem nicht von jeder Stadt oder Gemeinde genutzt. Wir brauchen eine Solarpflicht für alle geeigneten Dachflächen auch auf Bestandsgebäuden und in Neubaugebieten sind Häuser explizit so zu errichten, dass große Teile der Dachfläche optimal nach Süden ausgerichtet sind.
Der Sektor für Wärmeerzeugung ist derzeit der größte Einzelverbraucher für Energie.
Ein wesentlicher Punkt ist die stärkere Dämmung von Gebäuden. Allgemein gilt, dass es sehr viel teurer bis unmöglich ist, ein Gebäude nachträglich auf einen ähnlich hohen Energiestandard nachzurüsten, wie ein neues Gebäude sofort nach hohem Standard zu planen.
Es zeigt sich, dass viele Neubauprojekte von der KFW-Förderung Gebrauch machen und z. B. schon seit 2009 der durchschnittliche Endenergiebedarf bei Neubauten bei 50 kWh/m2a lag, obwohl diese
erst durch EnEV 2014 (mit Geltungsbeginn 2016) als Mindeststandard vorgeschrieben wurden.
Der Passivhausstandard wurde privatwirtschaftlich entwickelt, EnEV/GEG und darauf aufbauend die KFW-Förderklassen sind die geltenden Gesetze bzw. staatlichen Standards.
Eine Schwachstelle der EnEV ist, dass vor allem auf den Primärenergiebedarf (QP) geschaut wird. So kann durch Verwendung erneuerbarer Energien oder auch Kraft-Wärme-Kopplung
ein geringerer Primärenergiefaktor angesetzt werden
Damit sollten modernere Heizanlagen gefördert werden, aber dies geschieht so zum Nachteil der Gebäudedämmung, woran dann gespart werden kann. Das ist bei Neubauten aber nicht sinnvoll, da eben eine dickere Dämmung, die von Anfang an eingeplant wird, viel günstiger ist, als spätere Nachrüstungen. Ohne diesen Trick lohnen sich KWK-Anlagen in Neubaugebieten dann nicht mehr, da die Wärmeabnahme pro Haushalt zu niedrig wird. Der Trend hier sollte klar zu kalter Nahwärme und Wärmepumpen gehen, in Kombination mit Dämmung nach Passivhausstandard. Dieser ist, ähnlich wie die europäische NZEB, darauf ausgelegt, dass Heizenergie plus Aufwand für Dämmmaterial im betrachteten Nutzungszeitraum minimal werden.
Nebst der Betrachtung der Heizenergie pro Quadratmeter sollte auch die anhaltende Zunahme an Wohnraum pro Person in den Fokus rücken und dieser Trend umgekehrt werden. Daher sollte Neubau generell eher nachlassen und dieser Bereich hat schon heute nur einen geringen Teil an der Effizienzsteigerung der Gebäudewärme. Ziel der Sanierung und Dämmung ist in unserem Szenario eine Halbierung des Heizenergiebedarfs, wobei zum Wärmeendenergiebedarf weiterhin die etwa gleich bleibende, passive Wärme beiträgt. Unter der Annahme, dass die gesamte Wohnfläche nicht weiter zunimmt, ist dieses Ziel mit einer Beschleunigung der Sanierungsraten (gegenüber 2000-2015) um 14 % erreichbar.
Sogenannte Blockheizkraftwerke sind kalorisch, meist mit Erd- oder Biogas betriebene Kleinkraftwerke, deren Verlustwärme dann zum Heizen genutzt wird (Kraft-Wärme-Kopplung). Eine Wärmepumpe ist ein meist elektrisch angetriebener Kreislauf, der Wärme von einem kalten zu einem warmen Reservoir transportiert - genau wie ein Kühlschrank, nur dass zum Heizen die warme Seite den Nutzen bringt und die kalte Seite Energie aus z.B. der Umgebungsluft einsammelt. Mit jeder kWh elektrischer Energie können weitere 2-3 kWh thermische Energie mitgenommen werden, sodass im Ergebnis 3-4 mal mehr Wärme abfällt, als ein einfacher Heizstab mit gleicher, elektrischer Leistung liefern würde.
Mit dieser Reduktion der Primärenergie um etwa Faktor 3 werden Wärmepumpen in Kombination mit stärkerer Dämmung die dominierende Technologie für Gebäudewärme. Würden alle Heizanlagen, die aktuell direkt Erdgas oder Öl verbrennen, durch Wärmepumpen und eine entsprechende Dämmung ersetzt, würde dies den Primärenergiebedarf dieser Heizungen von aktuell etwa 580 TWh/a auf 97 TWh/a senken, während KWK vor allem im Bereich Prozesswärme und in bestehenden Wärmenetzen zum Einsatz käme. Dieser Fall ist derzeit in meiner Stromnetzsimulation modelliert.
Die Frage, ob oder wie viel mehr BHKW/KWK-Basierte Anlagen zum Heizen eingesetzt werden sollten, wird unter Expert*innen kontrovers diskutiert. Das hängt auch damit zusammen, ob mehr Windenergie oder mehr PV-Energie zugebaut werden soll. Der Verbrauch der Wärmepumpen korreliert ganz gut mit dem Angebot von Windenergieanlagen, während PV-Energie mehr Power-To-Gas-Speicherung erfordert und damit einen größeren Teil von KWK-Anlagen sinvoll einsetzbar macht.
Dies ist keine Entweder-Oder-Frage. BHKW liefern auch Strom für Wärmepumpen. Als reine Heizlösung eingesetzt sind BHKW damit eine Effizienztechnologie, die es ermöglicht, mehr als 100% der im Gas enthaltenen Energie als Wärme nutzbar zu machen.
Es gibt verschiedene Varianten von Wärmenetzen. Die bereits genannte, kalte Nahwärme repräsentiert Kreisläufe, in denen Wasser mit 10-15 °C zirkuliert. Solche geringen Temperaturen können ganzjährig über Erd- und Abwasserwärmetauscher sichergestellt werden, unter Umständen können Solarthermieanlagen eingekoppelt werden. Das Wärmenetz dient so als Booster für Wärmepumpen und kann über die gleichmäßigen Temperaturen hohe und ausgeglichene Leistungszahlen garantieren. Vor allem entfallen die Luftradiatoren, die ansonsten auch Platz kosten würden und störende Geräuschemissionen verursachten. Die Rohre solcher Wärmenetze müssen nicht oder kaum gedämmt werden, was die Kosten deutlich reduziert. Kalte Nahwärme in Neubaugebieten als Alternative zu Erdgas anzubieten ist meistens sinnvoll und sollte auch gesetzlich Standard werden.
Die andere Möglichkeit sind Wärmenetze mit einer Vorlauftemperatur von 80-90 °C. Diese werden meist in Kombination mit einem BHKW eingesetzt. Die Anforderungen an zukünftige Heizungen sind komplex: Wann immer aus Mangel an erneuerbaren Quellen Gaskraftwerke laufen müssen, treten hohe Umwandlungsverluste auf und die Abwärme sollte unbedingt als Quelle für Heizung genutzt werden. Ein BHKW kann aber wirtschaftlich nie auf die maximale Heizleistung ausgelegt werden, die an wenigen, besonders kalten Wintertagen benötigt wird. Daher muss für Spitzenlast ein zusätzlicher Heizkessel mit vorgesehen werden. Da synthetisches Gas sehr teuer sein wird, wird es in Zukunft auch darum gehen gerade in der wärmeren Jahreszeit den Warmwasserbedarf mit Solarthermie statt über das BHKW zu decken. Um auf das schwankende Angebot erneuerbarer Energien einzugehen muss außerdem mehr Regelleistung über Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt werden, sprich die Wärmenachfrage von der Stromnachfrage entkoppelt werden. Dazu werden größere Wärmespeicher benötigt. Wenn ein Überangebot erneuerbarer Energien besteht kann dieses wiederum über eine Wärmepumpe für die Heizung genutzt werden. Je besser die Wärmeversorgung werden soll, desto mehr Komponenten (BHKW, Spitzenlastkessel, Wärmepumpe, Wärmespeicher, Solarthermie, ggf. Tiefengeothermie, ...) muss eine Anlage integrieren. Dieser hohe technische Aufwand kann nur dort geleistet werden, wo große Wärmemengen abgenommen werden.
Dies ist die Motivation, viele Haushalte über ein Wärmenetz zusammen zu schließen. Da das Wärmenetz wegen der langen Transportstrecken wiederum signifikante Verluste macht, muss weiter auch die Wärmeabnahme pro Netzmeter hoch sein, also muss es sich um Gebäude mit hohem Wärmebedarf handeln. Solche finden sich in den Kernstädten, insbesondere Altstädten, wo umfangreiche Sanierung und Wärmedämmung teils wegen Denkmalschutz nicht möglich ist. Momentan funktionieren solche Projekte meist nur dort, wo eine Kommune ihre zentralen Liegenschaften über ein solches Wärmenetz beheizt und damit die für eine Wirtschaftlichkeit benötigte Mindestabnahme garantiert. Auch bei kleineren Privathaushalten finden sich Interessierte, aber zu einem definierten Zeitpunkt sind meistens nur wenige in einer Straße gerade an dem Punkt, ihre Heizung sanieren zu müssen.
Ein wesentlicher Kostenpunkt bei Wärmenetzen sind die Tiefbauarbeiten. Es sollte ein Programm geben, dass es immer dort, wo in Gebieten mit hoher Heizlast gerade sowieso die Straße saniert werden muss und größere Tiefbauarbeiten anfallen, der Einbau eines Wärmenetzes verpflichtend wird, auch wenn dieses nicht sofort in Betrieb geht. Es ist absehbar, dass in einer regenerativen Wärmeversorgung ein bestehendes Wärmenetz ein Vorteil ist. Auch wenn am Ende kein BHKW zum Einsatz kommt, kann das Netz mit kalter Nahwärme betrieben werden. Dann ist zwar die Rohrdämmung verschwendet, aber diese ist billiger, als die Tiefbauarbeiten, die für einen gesonderten Einbau zu einem späteren Zeitpunkt anfallen würden.
Als weitere Kategorie zu nennen sind Netze mit mittlerer Temperatur. Ein großer Teil der in Deutschland benötigten Wärme ist Prozesswärme in der Industrie. Häufig bleibt hier am Schluss Wärme mit Temperaturen von unter 50° als Abfallprodukt übrig. Diese mit Wärmepumpen wieder auf die gängigen Vorlauftemperaturen hochzusetzen ist wirtschaftlich wieder nicht lukrativ. Eine Heizung, die mit 40° Vorlauftemperatur auskommt, benötigt mehr und größere Heizkörper, um die gleiche Leistung abzugeben. Somit werden dann Heizungen, die flächendeckend in Wände oder Böden integriert werden oder direkt die Zuluft von Belüftungssystemen erwärmen, notwendig. Die Nutzung von Wärme mit geringer Temperatur geht also mit umfangreichen Sanierungsarbeiten einher.
Nicht mehr zukunftsfähig sind Dampfnetze, wo Wärme unter Druck und hohen Temperaturen befördert wird. Hier sind die Verluste zu hoch und echte Abwärme von technischen Anlagen, die dort nicht mehr anders genutzt werden kann, hat meist niedrigere Temperaturen. Kohlekraftwerke, die derzeit oft solche Wärmenetze bedienen, werden abgeschaltet. Für die Umrüstung solcher Netze sollte ein bundesweiter Plan entstehen, der es ermöglicht, binnen eines Sommers ganze Teilnetze auf einmal umzustellen, mit den benötigten Sanierungen der anliegenden Gebäude. Dazu müssen dann zeitweise viele Arbeitskräfte auf einen Standort konzentriert werden.
Zurückgebaut werden müssen außerdem die Erdgasnetze. Es reicht nicht, einfach nur kein Erdgas mehr zu verbrauchen. Methan als größter Bestandteil von Erdgas ist in unverbranntem Zustand ein viel stärkeres Treibhausgas, als CO2. Überall, wo Erdgas genutzt wird, tritt Methan in kleineren oder auch empfindlich großen Mengen aus dem Netz aus (Methanschlupf). Um diesen zu reduzieren, muss es klare Anreize für Unternehmen geben, ihre Gasnetze auf Lecks zu prüfen. Aber gerade weit verzweigte Netze in Wohngebieten sind schwer zu warten und bieten viel Oberfläche für Lecks. Hier muss also auch ganz gezielt Erdgas als Heizquelle zurückgebaut werden und das Gasnetz nurnoch zentrale Großabnehmer, wie BHKW, erschließen.
Klimaschutzpolitik hat natürlich auch einen großen, sozialen Aspekt. Es sind teils erhebliche Änderungen unseres Lebensstils erforderlich, um ein Paris-konformes CO2-Budget einzuhalten.
So etwa ist die CO2-Steuer tatsächlich nicht sonderlich sozial gerecht. Wohlhabende verbrauchen mehr Ressourcen, auch mehr CO2, aber tatsächlich steigt dieser Verbrauch nur
unterproportional zum Einkommen.
Damit dürfte die CO2-Steuer ähnlich regressiv sein, wie etwa die Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer). Bei dem Konzept der CO2-Besteuerung geht es primär darum, Anreize zum Einsparen von CO2 zu schaffen. Es handelt sich also um einen primär marktwirtschaftlichen Ansatz und der Staat braucht für dieses Konzept erst mal nicht mehr Geld. Entscheidend über die Frage nach sozialer Gerechtigkeit ist also, in welcher Form das Geld wieder in den Kreislauf zurück fließt.
Da unser derzeitiges System stark marktwirtschaftlich getrieben ist, sollte dieser steuerliche Anreiz durchaus weiter ausgebaut werden. Ich vermute, dass eine äquivalente Senkung der Mehrwertsteuer etwa ein Nullsummenspiel für die soziale Gerechtigkeit wäre, muss dies aber noch gegenüberstellen. Es ist natürlich naheliegend, die Gelegenheit zu nutzen, Klimaschutz so zu gestalten, dass ausgleichende Effekte verstärkt und soziale Ungleichheit verringert wird bzw. erst mal weniger schnell wächst.
Diese Diskussion sollte aber generell unabhängig geführt werden. Weder sollte ein Fortbestehen sozialer Ungleichheit als Argument genutzt werden, Klimaschutz zu verhindern, noch sollte
es allgemein notwendig sein, für die Umsetzung sozialer Maßnahmen auf Klimaschutz zu warten. Unser Staat hält die Mittel, jeder Zeit die soziale Ungleichheit im Land zu vergrößern
oder zu verkleinern. Die Politik der Parteien, die die letzten Jahrzehnte regiert haben, hatte die soziale Ungleichheit vergrößert.
Das Thema Steuern und auch Sozialpolitik wird von den verschiedenen Parteien kontrovers diskutiert und es gibt hier innerhalb der Parteienlandschaft diverse, wählbare Richtungen. Daher betrachte ich dies mehr als eine Frage für die Zweitstimmen. Ich persönlich denke, dass eine absolute Einkommensgleichheit nicht wünschenswert ist, das Optimum der Verteilung aber bei geringeren Unterschieden liegt, als sie derzeit auftreten. Daher arbeite ich lieber mit solchen Politiker*innen zusammen, die z.B. die Einkommenssteuer wieder progressiver gestalten wollen.
Ein weiterer, progressiver Ausgleich ist das Klimageld. Dies stellt eine Pro-Kopf-Auszahlung dar, generiert vor allem aus Einnahmen der CO2-Steuer. Dies ist der gleiche Ansatz, wie
beim bedingungslosen Grundeinkommen, nur das Letzteres sehr viel größer wäre und die Erhöhung weiterer Steuern erforderlich machen würde. Die Frage, ob dies unsere Gesellschaft weiter bringen kann,
wird kontrovers diskutiert und es laufen erste Feldversuche
Und: Spielraum für Experimente hat nur, wer über gewisse Rücklagen verfügt. Um unsere Gesellschaft resilienter gegenüber auftretenden Problemen zu machen, halte ich daher Maßnahmen, die gerade die Geringverdienenden stärken, für wichtig. Technisch möglich ist es aber prinzipiell schon, dass wir Geringverdienende bei der Herausforderung klimaneutral zu werden, nicht stützen und Soziale Ungleichheit weiter vergrößern - nach dem Motto Wer nichts verdient, kann auch nichts kaufen, was CO2 verbraucht. Dass dies der erstrebenswerte Pfad ist, bezweifle ich aber.
Schlussendlich geht es nicht darum, bestimmte Maßnahmen (CO2-Steuer / Klimageld / ...) gut oder schlecht zu finden, sondern diese durch jede Partei klar parametrisieren zu lassen und die erwarteten Auswirkungen dieser Parametrisierungen nach einheitlichen Modellen, die wissenschaftlich überprüft werden, den Menschen für eine fundierte Wahlentscheidung offen zu legen. Reine Meinungsdebatten und Sprüche auf Plakaten bringen uns nicht weiter.
Es ist zu erwarten, dass ein 100 % marktwirtschaftlicher Ansatz, wie Klimaschutz ausschließlich duch eine CO2-Steuer zu regeln, nicht ausreichen wird bzw. zu promlematischen Nebeneffekten führen könnte. Konkretere Maßnahmen vom Verbot von Verbrennungsmotoren bis zur Förderung von PV-Anlagen beziehen sich aber stets auf einen bestimmten Sektor. Da sowohl die Reaktion des Klimas auf den Treibhausgasausstoß als auch die Reaktion der Wirtschaft auf bestimmte Verbote oder Anreize nie ganz exakt vorhergesehen werden können, brauchen wir ein Konzept, dass statt exakter Planung eine flexible Regelung vorsieht, die auf die beobachtbaren Auswirkungen reagiert.
Um also sektorgebundene Maßnahmen in Abhängigkeit beobachtbarer Auswirkungen regeln zu können, schlagen wir ein zweistufiges Konzept vor: Zunächst wird das deutschlandweite CO2-Budget auf die Sektoren (Stromnetz, Verkehr (außer elektrisch), Gebäudewärme, Industrie, Landwirtschaft) aufgeteilt. Für das Stromnetz können wir den Bedarf bereits auf knapp eine Gigatonne bemessen. Die Elektrifizierung im Verkehrssektor ist erst mit zunehmendem Anteil erneuerbarer Energien im Stromnetz wirklich sinnvoll und läuft daher langsamer an. Mit einer späteren Reduktion wird der Verkehrssektor daher deutlich mehr CO2 ausstoßen.
Nebst dem reinen Budget ist für jeden Sektor daher ein sinnvoller Reduktionspfad zu entwickeln, anhand dessen Einhaltung oder Überschreitung die erforderlichen Maßnahmen bemessen werden können. Ein wichtiger Effekt davon wird sein, dass Verbote nicht erst dann, wenn sie gebraucht werden durch das Parlament beschlossen werden müssen, um dann von Lobbyverbänden und medialer Desinformation verhindert zu werden, sondern lange im Voraus angelegt werden und bei Überschreiten eines Puffer-Budgets dann automatisch in Kraft treten.