Bericht zur Sitzung des Kreistags

Pressemitteilung der Klimaliste vom 17. Juni 2024: Landkreis steigt aus StraDaDi aus, lässt Kommunen bei Wärmeplanung hängen und verschwendet stattdessen Untersuchungen an Biodiesel.

Austritt aus StraDaDi

Dass es ohne eine Straßenbahn derzeit keine relevanten Projekte zur Entwicklung des ÖPNV im Landkreis gebe, hätten die Grünen aus Sicht der Klimaliste richtig bemerkt. Alle anderen Statements, dass auch mit einem Ausstieg des Landkreises weiterhin ein politischer Wille zum Bau einer Straßenbahn existiere, zweifelt die Klimaliste an.

Die Klimaliste rechne nicht mit einem förderfähigen Nutzen-Kosten-Faktor für die Straßenbahn nach Groß-Zimmern. Da die Straßenbahnen in Darmstadt nur 45m lang seien und weniger als doppelt so viele Fahrgäste fassen, wie ein Gelenkbus, sei die Personaleinsparung mit diesem Projekt überschaubar. Nur bis Roßdorf ersetze die Bahn bestehende Buslinien vollständig. Dahinter würden weiterhin diverse Buslinien als Zubringer zur Bahn bestehen bleiben. Ferner solle die Bahn über den heute schon überlastetenWir haben berichtet Luisenplatz fahren, der aufgrund ähnlicher Fahrgastkapazität pro Fahrzeugmeter bei der Straßenbahn gegenüber den Bussen auch in keinster Weise entlastet werde.

In Anbetracht der akuten Personalknappheit bei der Bahn und beim ÖPNV im Allgemeinen müsse das primäre Ziel jeder laufenden Planung eine Reduktion an Fahrpersonal sein. Das bedeute längere Bahnen, die seltener fahren. Die nach BOStrab zulässige Fahrzeuglänge von 75m werde mit der Darmstädter Straßenbahn nicht ausgereizt. Daher wäre eine Regiotram mit Endhaltestelle am Friedensplatz, die dort die volle Länge nutzen könnte, erheblich geeigneter, den ÖPNV in den Ostkreis zu stemmen.

Längere Fahrzeuge einzusetzen, ist kein nettes Nebenziel eines ÖPNV-Projekts sondern zwingend notwendige Planungsgrundlage. Die Odenwaldbahn musste bereits heute Fahrten aus dem Plan streichen, weil diese schlicht nicht bedienbar waren. Eine Straßenbahn, die erst in vielen Jahren fertig sein wird und dann schlagartig viel mehr Fahrpersonal benötigt, ist nicht zielführend
, erklärt Ayla Kara, Mandatsträgerin der Klimaliste im Kreistag.

Die Klimaliste rate dem Kreistag dazu, bis zum Ende der Vertragslaufzeit 2026 von der StraDaDi eine normalspurige Straßenbahntrasse vom Ostbahnhof zum Friedensplatz planen zu lassen, mit Systemübergang zur Odenwaldbahn, über die Dadina dem Einkaufbündnis VDV TramTrain beizutreten und sich ansonsten auf die Strecke nach Weiterstadt zu konzentrieren. Die Strecke nach Weiterstadt sei kürzer und es wohnen mehr Menschen in Nähe der Trasse, sodass hier eine Förderfähigkeit wahrscheinlicher sei.

Da die VIAS 2030 die alten Diesel-Itinos ausmustern werde und dann zwingend elektrische Fahrzeuge angeschafft werden müssen (Durch Elektrifizierung der Strecke oder mit batterieelektrischen Antrieben), sei der rechtzeitige Ankauf von Zweisystembahnen für die Odenwaldbahn anzustreben. Damit könne die Trasse Ostbahnhof-Friedensplatz bereits lange vor Fertigstellung einer Bahn nach Groß-Zimmern in Betrieb gehen.

So würde eine Bahn für die Menschen im Ostkreis erlebbar, was Widerstände gegen das Projekt, vor allem in Roßdorf, abbauen dürfte
, meint Mitja Stachowiak, der dort 2022 als Bürgermeister kandidiert hatte.

Ausnahmslos alle früher mal festgestellten Kritikpunkte an der normalspurigen Variante existieren heute nicht mehr oder seien gegenüber der veränderten Rahmenbedingungen vollkommen irrelevant geworden. So zum Beispiel würden nach damaliger Untersuchung Fahrten der Regiotram auf der Odenwaldbahn die des Regionalexpress' nach Pfungstadt verdrängen. Genau der verkehre heute bis auf wenige Fahrten aber nicht mehr. Stattdessen sei ein Umstieg zum Hauptbahnhof oder nach Pfungstadt vom Friedensplatz aus sogar einfacher, als vom abgelegenen Nordbahnhof. Die Tiefgaragendecke am Friedensplatz sei inzwischen Verstärkt worden. Die Elektrifizierung der Odenwaldbahn müsse sowieso erfolgen.

Die Politik in Stadt und Landkreis habe sich die Scheuklappen aufgesetzt und setze alles auf eine Karte, ungeachtet der veränderten Rahmenbedingungen.

Antrag Appell an Kommunen für nachhaltige Nahwärmeversorgung

Der Landkreis lasse seine Kommunen bei der Wärmeplanung hängen, meint die Klimaliste. Der Kreistag stimmte in großer Mehrheit gegen die Vorlage der Klimalistehttps://session-net.ladadi.de/buergerinfo/vo0050.asp?__kvonr=25333 (Fraktion das Soziale Klima Bündnis) für die frühzeitige Planung von Wärmenetzen bei allen Tiefbauprojekten. Die Kommunen hätten das Thema bereits auf der Agenda, bräuchten keine "erhobenen Zeigefinger" vom Landkreis sondern hätten kompetente Menschen vor Ort.

Die Gegenreden beweisen, dass es sehr offensichtlich an kompetenten Menschen in der Politik fehlt. Wenn die Kommunen heute bereits auf einem guten Weg wären, 2028 eine Wärmeleitplanung vorlegen zu können, dann würden bei den meisten Kanalsanierungen im Kreis heute schon Wärmenetze verlegt
, kontert Mitja Stachowiak, Landesvorsitzender der Klimaliste in Hessen.

Luftwärmepumpen und Wasserwärmepumpen mit Geothermie oder einem anliegenden Gewässer als Wärmequelle konkurrieren für den Masseneinsatz in der energetischen Sanierung. Wo viele schwer dämmbare Altbauten auf engem Raum stehen, werde die Versorgung mit einem Nahwärmenetz in der Regel wirtschaftlicher, als die Luftwärmepumpen, die eine stärkere Dämmung der Gebäude erfordern. Wo im Zuge von sowieso stattfindenden Tiefbauarbeiten 2/3 der Kosten für den Bau des Wärmenetzes gespart werden können, liege diese Variante meist deutlich vorne.

Trotzdem ist uns auch nach intensiver Recherche kein einziger Fall im Landkreis bekannt, wo eine nachhaltige Wärmeversorgung erfolgreich im Zuge anderer Projekte geplant wurde
, meint Alexandra Arndt, Vorsitzende des Kreisverbands Darmstadt-Dieburg.

In Reinheim habe die Klimaliste sogar alle Parteien der Stadtverordnetenversammlung rechtzeitig vor einem lokalen Tiefbauprojekt angeschrieben und es sei trotzdem nichtmal der Versuch einer Planung unternommen worden. Mit jedem Tiefbauprojekt, bei dem weiterhin nur das überholte Erdgasnetz erneuert werde, verstreiche die Chance, hunderttausende Euro auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung zu sparen.

Auch dort, wo ein nachhaltiges Projekt in Angriff genommen werde, würde oft viel Geld für die Planung von viel zu vielen Varianten ausgegeben, weil man immer wieder bei Null anfange.

Wir müssen die Prozesse strukturieren und beschleunigen. Dafür muss mehr mit Erfahrungswerten gearbeitet werden. Daten von realisierten Projekten müssen auf höherer Ebene acquiriert und verarbeitet werden. Eine Koordination der Wärmeplanung über den Landkreis wäre also sehr wohl eine sinnvolle Maßnahme.
- so verteidigt Ayla Kara, Mandatsträgerin der Klimaliste im Landkreis ihren Antrag schriftlich.

Der Landkreis übernehme bereits viele Ausschreibungen zu vergleichbaren Projekten für die Kommunen. Mit der Zentralen Auftragsvergabestelle des Landkreises existiere bereits eine Verwaltungsstruktur, die für eine kollektivierte Wärmeplanung ausgebaut werden könnte.

Stattdessen zugestimmt wurde dem Antrag der FDPhttps://session-net.ladadi.de/buergerinfo/vo0050.asp?__kvonr=25335, wonach untersucht werden soll, ob paraffinischer Diesel (Biodisel oder E-Fuel) für die Fahrzeugflotte des Landkreises genutzt werden könnte.

Damit stellt sich die Mehrheit der Mandatstragenden gegen die physikalische Realität
, meint Mitja Stachowiak.

Würden wir alle Ackerflächen in Deutschland ausschließlich für die Gewinnung von Biodiesel nutzen, würde das trotzdem kaum für alle heutigen Verbrenner auf der Straße reichen. Schon heute werde deswegen Regenwald verbrannt, um dort Biomasse zu erzeugen.

Auf über 5% der Ackerfläche bauen wir in Deutschland bereits Raps an, zur Gewinnung von Biodiesel, weitere 9,5% seien Mais für Biogas. Zusammen mit der Verwertung von Bioabfällen reiche das, um gerade mal 10% des Dieselverbrauchs in Deutschland zu decken und 5,8% der Bruttostromerzeugung. Biomasse - in egal welcher Form - sei also ungeeignet, um den Energiebedarf unserer Zivilisation zu decken und sollte auf keinen Fall weiter ausgebaut werden. Statt noch mehr Monokulturen brauchen wir dringend eine Deintensivierung der Landwirtschaft, wie sie mit Freiflächen-PV erreicht werde. Auf einem Bruchteil der heute für die Energieerzeugung genutzten Ackerfläche könnten wir alle für die Energiewende benötigten PV-Anlagen unterbringen und gleichzeitig die Biodiversität dort fördern. Dafür müsse der Landkreis aber seine alten Verbrenner ausmustern und durch E-Autos ersetzen.

Statt bares Geld bei der Wärmeplanung zu sparen muss also in der Verwaltung nun jemand Zeit dafür verschwenden, die Machbarkeit einer von vorneherein unsinnigen Lösung zu untersuchen
, fasst Alexandra Arndt, die Vorsitzende des Kreisverbands Darmstadt-Dieburg, die Sitzung vom 17.6.2024 zusammen.